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Rezension »Buch des Menschen. Ich bin – Die Tür Zu Gott« von Vladimir Schmidt

Lesedauer:10 Minuten
Buchtitel:Buch des Menschen. Ich bin – die Tür Zu Gott
Lesesterne:** (2 von 5 Sternen)
Autor:Vladimir Schmidt (Natalya Schmidt als Mitwirkende)
Rezensentin:Barbara Nobis
Das Cover des rezensierten Exemplars Buch des Menschen © Foto: Barbara Nobis

Kürzlich erhielt ich vom Autor Vladimir Schmidt ein Exemplar seines Buches mit dem Titel »Buch des Menschen. Ich bin – Die Tür zu Gott«. Vladimirs Wunsch im beigelegten Gruß lautete: »Ich hoffe, dass es (Anmerkung: das Buch des Menschen) interessant ist und Ihnen Freude bringt.« Lesen Sie in den kommenden Absätzen, warum ich dieses Buch über das Erwachen stellenweise als nur bedingt vergnüglich empfunden habe.

Bevor ich auf die Machart des Buches eingehe, ist es für Sie als Leser/-innen vielleicht hilfreich, mehr über das Kernanliegen von »Buch des Menschen« zu erfahren. Erstens: Es scheint darum zu gehen, authentisch darzustellen, dass der Weg des Erwachens kein gemütlicher Spaziergang ist – weder für den Autor noch für seine Frau Natalya. Dies wird im Hauptteil deutlich, der im ungefilterten Tagebuchstil verfasst ist. Vladimirs Einträge spiegeln sein tägliches Ringen wider, um die Flut an Gedanken zu kontrollieren. Hierzu übt sich der Autor unter anderem im Kriya-Yoga, im Mantrasingen und in der Meditation.

Was bedeutet Erwachen oder die Erleuchtung generell? Ein Mensch erkennt sich als reines, formloses Bewusstsein. Er nimmt wahr, dass er sowohl die Quelle der Schöpfung als auch der Beobachter aller Erscheinungen ist. Vladimir drückt dies im Klappentext seines Buches folgendermaßen aus:

Die Grafik zeigt einen lichtdurchfluteten Menschen im Lotussitz. Das Bild verwendete Barbara Nobis für die Rezension des Buches "Buch des Menschen" von Vladimir Schmidt. Der Autor berichtet im Hauptteil immer wieder von Lichterscheinungen während verschiedener spiritueller Praktiken.
Valdimir Schmidts Buch “Buch des Menschen” dokumentiert im Hauptteil die Bemühungen des Autors, sich als reines, formloses Bewusstsein zu erfahren. Dabei berichtet er immer wieder von Lichterscheinungen während verschiedener spiritueller Übungen. Foto: Depositphotos lizensiert für Barbara Nobis

Damit sind wir bei einem zweiten Kernanliegen von »Buch des Menschen«: Vladimir Schmidt erklärt den eben skizzierten erwachten Bewusstseinszustand anhand eines (christlich gefärbten) Trinitäts-Modells. Für den Autor gibt es neben dem Schöpfergott (Vater) in Form von unendlich ewigem Bewusstsein den sogenannten »Heiligen Geist«. Dieser entspricht zugleich der sich bedingungslos hingebenden Schöpfung als auch der göttlichen Mutter. Den dritten Teil der Trinität steuert der »Sohn« bei. Er ist das »individualisierte Gewahrsein«, das »Ich bin«, das die Tür zu Gott darstellt.

Vladimir Schmidt erklärt, dass sowohl dem Vater als auch dem Sohn und dem Heiligen Geist innerhalb dieser Trinität eine wichtige Rolle zukommt. Warum? Gäbe es einzig das göttliche, absolute Bewusstsein, wäre da niemand, der das absolute Bewusstsein als auch seine Schöpfung wahrnehmen könnte. Zum Glück gibt es jedoch den Sohn, der als »individualisiertes Bewusstsein« oder »Ur-Ich« diese Dreifaltigkeit Gottes erfährt. Und es gibt die Schöpfung, die sich ewig wandelt. Sie zeigt in der Natur ihre höchste Qualität als reine, bedingungslose Liebe.

Damit dieses Spiel der Einheit in der Trinität jedoch ein bisschen an Dramatik gewinnt, vergisst der »Sohn« mit Eintritt in die Schöpfung, dass er eigentlich reines, göttliches Schöpfer-Bewusstsein ist. Diese Erfahrungswelt passt sehr gut zur Lehre der Advaita Vedanta, dieser nicht-dualistischen Philosophie des Hinduismus. Diese lehrt, dass Brahman (das Absolute) und Atman (das Selbst) eins sind. Die dritte Gottheit im Bunde ist »Shiva«, der Repräsentant der Vergänglichkeit. 

Dabei bezieht sich Vladimir Schmidt im »Buch des Menschen« wiederholt auf das göttliche Absolute unter dem Begriff »Shiva«. Kann es sein, dass der Autor eigentlich den Schöpfergott »Brahma« im Sinn hatte oder »Vishnu«, den Erhalter? Denn: »Shiva« steht laut des Hindu-Experten Marcel Narada Turnau für das Prinzip des Vergehens.

Vergleiche: Nobis, Barbara in: Umgekrempelt. Wenn Menschen dem Ruf der Liebe folgen. Interview mit Marcel Narada Turnau. elektronische Ausgabe

Die Vektorgrafik zeigt Kreuz, Krone und Taube im Zusammenhang mit einer Trikele. Das Foto illustriert Vladimir Schmidts christlich gefärbtes Trinitäts-Modell in "Buch des Menschen", das Barbara Nobis rezensiert hat.
Im Christentum stehen Vater, Sohn und Heiliger Geist für die göttliche Trinität. Diese Begriffe verwendet auch Vladimir Schmidt in seinem Buch »Buch des Menschen«, das unter anderem seinen Prozess des Erwachens dokumentiert. Foto: depositphotos, lizensiert für Barbara Nobis

Wir sehen: Bereits im Hinduismus gab es hinsichtlich des Gottesbegriffes einen Dreiklang. Dabei sprechen Vladimir Schmidt als auch andere Lehrer immer wieder vom göttlichen Spiel. Wie bereits erwähnt, färbt Vladimir Schmidt die Trinität durch die Verwendung christlicher Begriffe wie etwa »Vater, Sohn und Heiliger Geist« christlich ein. Auch stellt der Autor bereits zu Anfang des Buches klar, dass ihm das Johannesevangelium und Jesus wichtig sind.

Zudem scheint es, als ob Vladimir Schmidt während einer christlichen Osterzeremonie im März 2024 eine Art Ruf zu vernehmen glaubt: 

Schmidt, Vladimir. Buch des Menschen. Seite 121

Eine philosophische Frage kam mir an dieser Stelle in den Sinn: Vladimir Schmidt schreibt im Klappentext seines Buches, dass wir alle eins sind mit Gott. Wenn wir jedoch göttlich und Licht sind, gibt es keinen Tod. Hat dies Christus nicht klar durch seine Auferstehung gezeigt? Ich habe den Eindruck, dass Vladimirs Trauer und sein Gefühl des Getrenntseins von Jesus genau jenes Spiel der Trinität spiegeln, das er zuvor beschrieben hat. Allerdings verkennt Vladimir hier, wie der »Sohn« im Trinitätsmodell, dass er göttlich und untrennbar verbunden ist. Ja, das ist authentisch! Und ja, es zeigt, wie sehr wir karmisch bedingt den Ideen von uns und der Welt aufsitzen. Denn: Laut der Lehre Advaita Vedanta kreiert sich das schöpferische göttliche Subjekt ein Objekt. Subjekt und Objekt sind also eins. Dabei bezieht sich das Wort Objekt auf gänzlich alles Beobachtete, inklusive der Gegenstände, Situationen und Menschen.

Auszug aus: Nobis, Barbara. Umgekrempelt. Wenn Menschen dem Ruf der Liebe folgen.

An anderer Stelle berichtet Vladimir Schmidt über eine Ansicht seines Lehrers Anand Mehrotra bei einem Online-Meeting vom 23. Dezember 2023

Schmidt, Vladimir. Buch des Menschen, Seite 91


Möglicherweise sind das vorhin zitierte Gotteserlebnis sowie Anands Ratschlag mit ein Grund dafür, dass Vladimir Schmidt, der kürzlich eine Ausbildung zum Hypnotiseur abgeschlossen hat, das »Buch des Menschen« bereits im August 2024 veröffentlichte?

Meines Erachtens hätte dem Buch ein gründliches Lektorat gut getan. Bleiben wir hierzu bei dem Trinitäts-Modell von Vladimir Schmidt. Nachdem er diesem Modell das erste Kapitel gewidmet hat, greift er die Dreieinigkeits-Theorie im Verlauf des Buches immer wieder auf, um sie stets zu verfeinern. So präsentiert er auf Seite 118 eine »Eingebung vom 1. Februar 2024«, die sich erneut auf die Trinität Gottes bezieht. In einem Eintrag vom Mai 2024 geht es abermals um die Trinität: Nach Vladimir Schmidt steht das Unendlichkeitszeichen (eine liegende Acht) für die Trinität. Diesem Symbol fügt er als Schnittstelle das erkennende Ich (im Englischen I) hinzu – und gelangt so zur Zahl Phi als Zahl des Lebens schlechthin.

Als Leserin hätte ich mir im ersten Kapitel eine komprimierte und vollständige Darstellung von Vladimirs Erkenntnissen rund um die Trinität gewünscht. Aber dieser Rückgriff, dieses Hin und Her, scheint ein Stilprinzip im »Buch des Menschen« zu sein. Dies zeigt sich ebenfalls im Hauptteil des Buches, in dem Vladimir Schmidt seine Gedanken und Erfahrungen hinsichtlich des Erwachens anhand des literarisch unkomplizierten Tagebuchstils darstellt. Hier gibt es in der chronologischen Darstellung der Ereignisse abermals Ausreißer und widersprüchliche Informationen:

So handeln die Seiten 30 bis 54 von Vladimirs Retreat bei Mooji im Oktober 2019. Hier heißt es nach dem sehr detailliert dargestellten Seminar auf Seite 54: 

Als Leserin habe ich mich an dieser Stelle gefragt: Wenn dieses Seminar nicht wichtig war – warum räumt Vladimir Schmidt ihm dann über 20 Seiten ein?

Nach Darstellung des Seminars im Oktober 2019 folgen in chronologischer Folge weitere Retreats, Einweihungen und Schulungen, beginnend mit dem 3. September 2017.  Dabei listet Vladimir Schmidt auf Seite 69/70 erneut das Seminar bei Mooji vom Oktober 2019 auf. Diesmal schreibt er jedoch: 

Weiterhin finden die Leser/-innen im Buch immer wieder Informationen ohne Mehrwert. Hierzu zwei Beispiele:

Schmidt, Vladimir. Buch des Menschen, Seite 54

»Show, don’t tell« heißt eine alte Autoren-Regel. Was also war so inspirierend und unglaublich an Terrys Einsichten? Und sollten diese spirituellen Juwelen nicht für mich als Leserin von »Buch des Menschen« bestimmt gewesen sein, raubt mir solch eine Anmerkung nur meine kostbare Zeit. Kommen wir zum zweiten Beispiel:

Schmidt, Vladimir. Buch des Menschen, Seite 54

Bringt es mich als Leserin in meinem Erwachensprozess weiter, wenn ich erfahre, dass sich Vladimir Schmidt längere Zeit keine Notizen mehr gemacht hat?  Zudem weist auch diese Passage einen gravierenden Tippfehler auf. Dies ist nicht der einzige Tipper in diesem Buch, das so einige Flüchtigkeits- und Kommafehler enthält.

Das Bild zeigt einen blinden Mann, der einen Golden Retriever streichelt. Dieses Bild steht symbolisch für die bedingungslose Liebe, die Tiere als Teil der Schöpfung uns Menschen vorleben.

Das Bild zeigt einen blinden Mann, der einen Golden Retriever streichelt. Vladimir Schmidt erkennt in den Tieren die bedingungslose Liebe der Schöpfung bzw. des Heiligen Geistes als dritte Kraft der Trinität. Foto: depositphotos lizensiert für Barbara Nobis

Immer wieder war ich versucht, das Buch ungelesen zur Seite zu legen. Ich habe es nicht getan und bin so auf Passagen aufmerksam geworden, die mir gut gefallen haben: So erkennt Vladimir Schmidt durch den Tod eines geliebten Hundes, dass alle Glieder der Schöpfung uns die bedingungslose Liebe vorleben. Ein anderer Abschnitt handelt davon, dass jeder Mensch zu einhundert Prozent ein Diener ist. Dabei haben wir die Wahl, glückliche Diener Gottes zu sein oder leidende Diener des Ego-Verstandes.

Außerdem beschreibt Vladimir Schmidt immer wieder in seinen Tagebucheinträgen die Praktiken und Wahrnehmungsübungen verschiedener spiritueller Lehrer. Ihre mögliche Bedeutung für die Leser/-innen verliert sich jedoch, da sie quasi nebenbei erwähnt werden. Sie befinden sich in den Tagebuchaufzeichnungen zusammen mit den philosophischen Gedanken Vladimir Schmidts und der Beschreibung seiner diversen spirituellen Erfahrungen.

Ich hätte mich als Leserin über detaillierte Anleitungen zu diesen Übungen gefreut, am besten in einem Extra-Kapitel. Ebenso hätte die spirituelle Entwicklung von Vladimirs Ehefrau Natalya einen eigenen Artikel verdient, etwa in Form eines Interviews.

Fazit: Das »Buch des Menschen« ist für mich noch nicht »rund« und sollte überarbeitet werden. Was bräuchte es, um »Buch des Menschen« mit fünf Sternen bewerten zu können? 

  • Eine durchdachte und stringente Dramaturgie
  • Die Korrektur der Rechtschreibung und Zeichensetzung
  • Eine umfassende, leicht verständliche Darstellung der Trinität in einem einzigen Kapitel
  • Kurze Erkenntnis-Perlen, etwa zum Dienen oder zu unseren Haustieren als Vermittler/-innen der bedingungslosen Liebe
  • Hilfreiche Übungen für Menschen im Erwachens-Prozess
  • Eine Liste empfehlenswerter spiritueller Lehrer/-innen aus Sicht Vladimir Schmidts

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