Vernunft, Aberglaube, Magie und die eigene Wahrheit
Wie finde ich hinsichtlich der Vernunft, des Aberglaubens und der Magie zu meiner eigenen Wahrheit? Sind jene Erkenntnisse, die Menschen im Zustand des erweiterten Bewusstseins erhalten, stichhaltiger als bisher gültige Standards? Oder ist wahr, was Menschen durch Nachdenken und Beobachten unter der Prämisse der Vernunft wahrnehmen? Diese Frage beschäftigte mich in den vergangenen zwei Jahren. Ich war Mitglied mehrerer spiritueller Gruppen, um »ins Herz zu kommen« und der Intuition ein größeres Gewicht geben. Ich wollte lernen, wie ich in einen erweiterten Bewusstseinszustand gelange, um die Wahrheit meiner inneren Stimme wahrzunehmen. Mir ging es darum, jenen Dingen in meinem Leben mehr Gewicht einräumen, die in meiner Kindheit als Magie und Aberglauben verpönt waren. In Zeiten von Corona und gesellschaftlichen Paralleluniversen glich das zeitweise einem kaum zu lösenden Knoten.
Bevor ich mich mit der Vernunft, dem Aberglauben und der Magie auseinandersetze, ist es sicherlich hilfreich, ein paar Definitionen voranzustellen. Was verstehe ich in diesem Artikel unter Vernunft? Beim Nachschlagewerk »Oxford Languages« heißt es hierzu:
»Vernunft ist die geistige Fähigkeit des Menschen, Einsichten zu gewinnen, sich ein Urteil zu bilden, die Zusammenhänge und die Ordnung des Wahrgenommenen zu erkennen und sich in seinem Handeln danach zu richten.
Vernunft, so wie ich sie als Kind der 1970er-Jahre kennengelernt habe, war eng verbunden mit dem Glauben an die Wissenschaft. Überhaupt schien es früher einfach zu sein mit dem, was vernünftig war: Als richtig galt meist, was die Eltern, die Lehrer/-innen, der Arzt sowie die drei Fernsehprogramme sagten. Die einzige Gretchenfrage, die sich die Menschen in meiner Kindheit stellten, waren: Katholik, Protestant – oder gar Atheist? In einer wilden Ehe lebend? Helmut Schmidt oder Helmut Kohl?
Vernunft, Magie, Aberglauben und Wahrheit in den 1970er Jahren
Die Menschen in meiner Kindheit diskutierten über den lieben (und zugleich strafenden) christlichen Gott. Aberglauben und Magie? Scheinbar hatten wir Christen dank unserer vernünftigen, aufgeklärten Religion den Aberglauben und die Magie hinter uns gelassen. Das war eine Sache der Naturvölker, die ARD, ZDF und WDR tanzend, trommelnd und singend zeigten. Die Risse im Putz des Christentums wurden nach dem Motto »Gehorsam ist des Christen Pflicht« weggeschmirgelt. Wer Verstorbene wahrnahm, Dinge im Voraus wusste, oder einen Astrologen aufsuchte, geriet dabei schnell in die Ecke der verbotenen Magie und des Aberglaubens.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Definition des Brockhaus-Lexikons (publiziert 30 Jahre später, nämlich anno 2007!). Aberglauben wird hier als ein falscher Glaube beschrieben; er gilt als Bestandteil vorchristlicher Religionen. Weiterhin heißt es zur »Magie« in diesem Artikel:
[…] Erst im Zeitalter der Aufklärung wurde Aberglaube zum Gegensatz vernünftigen Wissens erklärt und damit als ein historisches und soziales Bildungsproblem angesehen. Gründend in einer magischen Weltanschauung, in der der Mensch meint, durch außergewöhnliche Handlungen Einfluss auf übersinnliche Mächte nehmen zu können, und im Wunsch des Menschen nach äußerer und innerer Sicherheit im alltäglichen Leben, sind viele Bräuche auf das Erreichen bestimmter Ziele ausgerichtet. Dazu gehören etwa Abwehr oder Herbeizaubern von Schaden beziehungsweise Heil, Schutz vor Gefahren oder Krankheiten, Bann von Angst, Unglück oder Tod. Andere Bräuche wie etwa Horoskope, Bleigießen, Kartenlegen und ähnliches zielen auf die Befragung der Zukunft. Deshalb vermag sich der Aberglaube auch im modernen Leben zu erhalten: Wo der Mensch in Gefährdungen, Notsituationen und Gewissensentscheidungen wissenschaftlich-rationaler Erklärung beziehungsweise Orientierungshilfe entbehrt, »flüchtet« er zuweilen auch noch heute in die »Beratung« von Hellsehern oder Astrologen und erhofft »Segen« von allerlei vermeintlichen Glücksbringern. Das gegen Ende des 20. Jahrhunderts zunehmende Interesse für Esoterik und die »Geheimwissenschaften« des Okkultismus ist in diesem Zusammenhang zu nennen. […]
Baer, Harald / Emrich / F.A. Brockhaus (Firm). Lexikonredaktion: Der Brockhaus Religionen: Glauben, Riten, Heilige, Mannheim, Deutschland: F.A. Brockhaus, 2004, sowie 2. Auflage 2007. Seite 13 und 403
Die vorangegangenen Zeilen illustrieren abermals die scheinbare Überlegenheit eines vernunftorientierten Christentums. Dieses blickt von Außen auf magische Praktiken und bewertet sie als »Flucht« in irrationale Zauberei.
Der Mauerblick vernunftorientierter Menschen auf den sogenannten Aberglauben und die Magie
Was bedeutet das im Umkehrschluss? Derjenige, der vom Standpunkt des Verstandes die Magie sowie den sogenannten Aberglauben betrachtet, blickt auf eine Mauer. Diese besprüht er beispielsweise mit dem Slogan: »Magie und Aberglauben beruhen auf einem Bildungsproblem«.
Ein aktuelles Beispiel: Auch hier setzt sich ein wissenschaftliches Team mit dem Aberglauben vom Standpunkt der scheinbar überlegenen Vernunft auseinander. Der Text befindet sich in der Leipziger Autoritarismus Studie 2020. In ihrem Aufsatz zum autoritären Syndrom verstehen die Wissenschaftler den Aberglauben vor allem im Sinne Theodor W. Adornos. Demnach entspricht der Aberglauben primitiven, vereinfachten Erklärungen von Geschehnissen. In diesem Aufsatz ist ebenfalls Folgendes zu lesen:
[…] Während sich Verschwörungsmythen klar auf das Gemeinwesen und damit die Politik beziehen, ist dies beim Aberglauben nicht der Fall. Wer annimmt, sein Schicksal in die Hände von guten Geistern legen zu können, hat nicht nur die Verbindung zur Realität, sondern auch die zur Politik aufgegeben. […]
Das autoritäre Syndrom: Dimensionen und Verbreitung der Demokratie-Feindlichkeit Oliver Decker, Julia Schuler, Alexander Yendell, Clara Schließler & Elmar Brähler, Seite 179
Haben Menschen, die sich als spirituell empfinden, tatsächlich keine politischen Interessen? Ich erlebe das anders! In einem weiteren Artikel der Leipziger Autoritarismus Studie bezweifelt ein weiteres Untersuchungsteam die Wissenschaftlichkeit quantenphysikalischer Ergebnisse. Diese führten spirituell orientierte Personen oft als Beweis für die Stichhaltigkeit spiritueller Phänomene an. (vergleiche: Clara Schließler, Nele Hellweg & Oliver Decker: Aberglaube, Esoterik und Verschwörungsmentalität in Zeiten der Pandemie. Seite 296).
Verkürzende Darstellungen erhöhen die Distanz zu jenen, die als abergläubisch gelten
Diese Ausschnitte zeigen ansatzweise, dass es wenig hilft, sich durch eine kopflastige Außenperspektive mit dem sogenannten Aberglauben auseinanderzusetzen. Es schafft erst recht keine Verbindung zu jenen Menschen, die sich hinter der vorhin erwähnten Mauer befinden – im Land des Aberglaubens! Denn die rein intellektuelle Sicht vermag es nicht, über den Mauerrand zu blicken. Dies führt unter anderem zu verkürzten Darstellungen. So bezieht sich Dr. Rainer Fromm in seinem an sich lesenswerten Beitrag zum Rechtsradikalismus in der Esoterik auf eine einzige Perspektive des Karmas – als Gesetz der Vergeltung. Er führt für seine Argumentation ein Zitat des Autors Peter Michel an. Demnach würden diejenigen, die leiden, ihre Leiden verdienen. Dagegen würden diejenigen, die Gründe hätten, sich zu freuen, ernten, wo sie (einst) gesät hätten. (vergleiche: Fromm, Rainer: Rechtsradikalismus in der Esoterik: Verschwörungswahn zwischen grauen Männern, alten Ufos und der schwarzen Sonne. Elterninitiative zur Hilfe gegen seelische Abhängigkeit und religiösen Extremismus e.V.)
Ist das tatsächlich so einfach mit dem Karma? Ich kenne einige Buchautoren und -autorinnen, die diese Meinung nicht teilen, so etwa Jon Peniel. Er ist der Auffassung, dass Widrigkeiten in unserer Existenz nicht unbedingt ihre Ursache in einem »schlechtem Karma« haben. Vielmehr suche sich die Negativität das Positive, um sich zu neutralisieren. Dies würde das Leben so manch gefolterter Heiliger und Lehrer beweisen. Weiter heißt es:
Die größten Wesen haben das meiste gelitten. Dies geschieht auch, weil der Universale Geist seine besten Werkzeuge in einem Feuer schmiedet. Um ein altes Sprichwort zu umschreiben: Gott prüft jene, die er am meist braucht, am härtesten.
Peniel, Jon. Die Kinder von Dem Gesetz des Einem & Die Verlorenen Lehren von Atlantis (German Edition) (S.321-322). Kindle-Version.
Vernunft und Wissenschaft konnten bisher die Religion, den Aberglauben und die Magie nicht tilgen
Gott prüft seine besten Werkzeuge – dies ist nur ein Gedanke, der mit THE WORK hinterfragt werden darf. Wichtig ist mir, auf Folgendes hinzuweisen: Es gibt sie nicht, die EINE Sicht auf das Karma! Es existieren viele Sichtweisen und nichts ist so individuell wie die spirituelle Szene. Ja, auch Menschen, die sich als spirituell bezeichnen, leben nicht nur vegetarisch oder vegan. Nicht alle Spirituellen praktizieren Yoga und räuchern Ihre Wohnungen oder halten Séancen ab. Deshalb greifen einige Artikel und Studien zum Aberglauben und zur Magie zu kurz. Meist spiegelt sich in ihnen die geringe Wertschätzung, die Wissenschaftler/-innen jenen Personen entgegenbringen, deren Weltsicht immaterielle Phänomene einschließt.
Vernunft und Wissenschaft können die Religion sowie den Aberglauben und die Magie nicht ersetzen. Dies illustriert die Geschichte totalitärer Staaten: So gelang es den Machthabern der UdSSR nicht, den orthodoxen Glauben oder den Schamanismus auszumerzen. Was können wir daraus folgern? Vernunft und Wissenschaft sind nicht die allein selig machende Mittel. Wenden wir uns folglich der Magie als Bestandteil des Aberglaubens zu.
Der Nutzen der Magie in einer Welt der Vernunft
Im Eintrag zur »Magie« differenzieren die Autorinnen und Autoren des Brockhauses zwischen der Religion und der Magie. So übertrügen die Magier/-innen durch ihren Willen und ihre Handlungen ihre Absichten auf die Umwelt. Ihr Ziel sei dabei, schädliche Mächte fernzuhalten, und/oder diese auf den Gegner zu übertragen. Im Gegensatz dazu stehe das Gebet in der Religion, durch das sich der/die Betende den »übernatürlichen Kräften« unterwerfe. Der magischen Formel, mit der Magier/-innen etwas erzwingen wollten, stehe das religiöse Gebet gegenüber. Wenige Sätze später räumen die Autoren jedoch ein, dass auch Gebete zwingenden Charakter hätten – so etwa beim Bewegen von Gebetsmühlen.
Die magischen Komponenten der Religionen als auch das kindliche magische Denken zeigen, wie sehr die Magie Teil unseres Unterbewusstseins ist. Diejenigen, die den magischen Anteil leugnen, verdrängen damit den unterbewussten Part ihrer Persönlichkeit. Die Magie stillt nicht nur das Bedürfnis, die (scheinbar) unumstößlichen Gesetze der materiellen Welt zugunsten des eigenen Wohlergehens zu beeinflussen. Magische Handlungen, die eine Person in liebevoller Absicht vollzieht, lassen die Beteiligten die Transzendenz spüren. Darüber hinaus stärken sie das Gefühl, in ein wohlmeinendes Universum eingebunden zu sein. Das wirkt zum Beispiel der Angst vor dem eigenen Tod entgegen. Eine Magie der liebenden Intention kann hinsichtlich der Widrigkeiten des Lebens Sinn stiften. Sie kann dem Menschen helfen, sich selbst, anderen Lebewesen sowie der Natur mehr Achtung entgegenzubringen. Deshalb war und ist es mir wichtig, die Welt nicht nur mit den Augen der Vernunft zu betrachten. Ich nehme mir immer wieder mal die Zeit, sie fühlend intuitiv wahrzunehmen.
Im Zustand des erweiterten Bewusstseins zur absoluten Wahrheit?
»Geh aus dem Kopf und spüre sie, Deine eigene Wahrheit«. Dies ist der Rat vieler spiritueller Coaches, die unter anderem lehren, wie sich Menschen mit ihrem Höheren Selbst verbinden können. Allerdings legt dieses Spüren nicht nur eine erhöhte Sensibilität frei. Die Ausrichtung auf das Fühlen scheint mit einem gewissen Misstrauen gegenüber allem Genormten und Vernünftigen einherzugehen. Zu Beginn meines spirituellen Weges im Jahr 2017 war ich erstaunt, als ich im Buch »Dualseelen« folgende Zeilen las:
[…] In Wahrheit sind sämtliche Politiker nichts als Marionetten, die wahre Macht über die gesamte Welt liegt in den Händen einiger weniger Menschen, die in der Öffentlichkeit sicher niemals auftauchen. […] Unsere Lebensmittel sind durch die Bank weg vergiftet, wir werden unterdrückt, von den Medien manipuliert und unsere Umwelt geht den Bach hinunter.
An anderer Stelle heißt es dagegen:
[…] Im Zustand des synchronistischen Flusses ist es unmöglich, manipuliert zu werden, es ist unmöglich, zu lügen oder belogen zu werden, und es ist unmöglich, zum Schaden anderer zu handeln, weil all diese Dinge dazu führen, dass man aus dem Zustand wieder herausfällt.
Suckert, Sylvia. Dualseelen (German Edition). BoD – Books on Demand. Kindle-Version.
Pflegen spirituelle Menschen ebenfalls eine verkürzte Sicht auf die Welt der Vernunft und der Normen?
Beim »synchronistischen Fluss« handelt es sich um einen hochfrequenten Bewusstseinszustand der Liebe. In diesem Hochgefühl nimmt sich ein Mensch als der Welt »entrückt« wahr. Idealerweise wähnt sich die betreffende Person verbunden mit seinem höheren Selbst und mit allem im Universum. Kennzeichen dieses Zustands sind Träume, Tagträume und Visionen. Hier scheint das Gefühl Vorrang vor dem Verstand zu haben. Angenommen, viele Menschen würden das Spüren der eigenen Wahrheit über bisher gültige Fakten und Normen stellen. Würde dies wirklich die Probleme der Welt lösen? Oder leugnen wir dann den Wert der Vernunft zugunsten eines Aberglaubens, der Leid bringt? Dieser Gedanke kam mir, als ich im Jahr 2022 ein Buch von Robin Kaiser las. Normen und Fakten, die bisher als unstrittige Vernunft galten, werden dort als Begrenzung und manipulierte Wahrheit präsentiert; so etwa hinsichtlich der Gestalt unseres blauen Planeten:
[…] Mit Sicherheit ist die drehende Globuskugel eine Erfindung der Wissenschaft, die aus dem Unwissen der Massen ihren Gewinn schlägt. […]
Kaiser, Robin. Exit Matrix Texte (German Edition) 2022, S.68. epubli, Kindle-Version.
Unabhängig vom tatsächlichen Erscheinungsbild unseres Planeten rät Robin Kaiser, die Leser/-in möge sich doch mal »vorstellen«, dass die Erde eine Scheibe unter einer Kuppel sei. Dabei solle er/sie »spüren«, welche Auswirkungen die verschiedenen Weltbilder auf das eigene Bewusstsein hätten. Darum gehe es nämlich, um die Verbindung zur Mutter Erde. Dennoch weist laut Robin Kaiser unsere Welt Grenzen auf sowie ein Ende der gegenwärtigen Schwingungsepoche. Dahinter erstrecke sich ein Land einer ganz anderen Erdenzivilisation. Und: Schwingungsbewusste Wissenschaftler würden an den Grenzen unserer Welt tatsächlich und wortwörtlich in ein Land aus vergangener Zeit marschieren.
Wenn die eigene Wahrheit zum leidbringenden Aberglauben wird
Anscheinend nutzen viele Spirituelle das Fühlen im erweiterten Bewusstseinszustand, um sich vom vernunftorientierten, (durch die Medien manipulierten) Mainstream abzugrenzen. Dazu ein weiteres Beispiel: Als im Februar 2023 die Erde in Syrien und in der Türkei bebte, hieß es in einer spirituellen Chat-Gruppe: »Ich habe da hineingespürt. Jetzt fühle mich darin bestätigt, dass die Mutmaßungen von »turkiye24-net« stimmen. Die USA haben das Erdbeben sicherlich durch einen Haarp-Angriff ausgelöst.«
Diese und andere »Wahrheiten«, die Spirituelle für sich im Status des synchronistischen Flusses erkannt haben, sind für mich keine ernst zu nehmende Alternative zur Vernunft: Wenn mir gesagt wird, dass wir in Deutschland seit sieben Jahrzehnten unterdrückt würden, kann ich das nicht nachvollziehen. Bei allen Schwächen, die eine Demokratie mit sich bringt, bin ich mir der Vorteile und Freiheiten in diesem Land bewusst. Als Journalistin weiß ich um die Berichterstattungsverfahren in den Medien. Ja, auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt! Aber wie schaut es mit der Neutralität und journalistischer Korrektheit der alternativen Presse aus? Gibt es da keine Interessen? Gibt es da keine »Hintermänner«, die die Infos zu ihrem Vorteil manipulieren? Existieren diese Nachrichtenkanäle aus reinem Altruismus?
Manche Spirituelle denken, dass wir Deutschen klein gehalten würden. Sie befürworten die Aussagen des rechtspopulistischen Angstpropheten William Toel, der versucht, sich als »Kanal und Unterstützer der Deutschen« zu positionieren. Tut mir leid, liebe Spirituelle, da gehe ich nicht mit!
All diese Wahrheiten sind gegen jegliche Vernunft! Sie sind vergleichbar mit jenem irrealen, leidbringenden Aberglauben, von dem mir die Entwicklungshelferin Tara Stella Deetjen berichtete. So wurden Frauen der nepalesischen Bergregion Mugu aus Angst vor bösen Geistern während ihrer Menstruation, der Geburt sowie im Wochenbett der Ein-Raum-Hütte verwiesen. Völlig auf sich gestellt, mussten sie die Babys im Gebirge oder im kotverschmutzten Kuhstall zur Welt bringen. Tara Stella Deetjen sprach deshalb mit dem Schamanen und den Dorfbewohnern und baute final Geburtshäuser für die Mütter.
Mittels der »eigenen Wahrheit« einen Weg aus dem Bewusstseinsgefängnis finden?
Wie kommt es, dass es Schamanen in der Trance als Wahrheit betrachten, dass Frauen, die Kinder gebären, böse Geister anziehen? Warum wähnt sich der Autor Robin Kaiser im Besitz der »Wahrheit«, die er ebenfalls seinen Leser/-innen angedeihen lassen will?
[…] Zeit meines Lebens habe ich mich immer wieder bewusst für die Wahrheit entschieden, auch wenn es die radikale Auflösung meines alten Weltbildes bedeutete und ich kann dir nur mit auf den Weg geben, dass jeder Schritt, der dich näher zur Wahrheit führt, egal wie unangenehm die Begleiterscheinungen sein mögen, unermesslich lohnenswert ist. Möge dich in diesem Sinne das Buch tiefer zur Wahrheit in dir führen. Danke für deine Bereitschaft und dein Vertrauen, den Weg mit mir aus dem Bewusstseinsgefängnis zu beschreiten. […]
Kaiser, Robin. Exit Matrix Texte (German Edition) (S.7). epubli. Kindle-Version.
Meines Erachtens begehen Spirituelle einen Fehler, wenn sie glauben, dass die Eindrücke des erweiterten Bewusstseins frei sind von Selbsttäuschung. Warum? Auch in der Trance bleibt der/die Wahrnehmende eine Person mit individuellen (Vor)Geschichten, Abneigungen, Stärken und Schwächen. Dabei stellt sich die Frage, wie tief die Trance wirklich ist, in der jemand seine »Wahrheiten« empfängt. Und ja, auch ein spiritueller Mensch weist ein Ego auf, das mehr oder minder aktiv ist. Dieses Ego nimmt sich wichtig und liegt mit vielem im Widerstreit. Vielleicht erklärt dies die angstmachenden, befremdenden Visionen mancher Spiritueller?
Der Wahrheitsgehalt von Erkenntnissen in der Trance aus der Sicht des Akasha-Experten Daniel Meurois
Hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes von Sinneseindrücken in der Trance könnten die Zeilen des Akasha-Experten Daniel Meurois weiterhelfen. Vorab eine Erklärung: Unter der Akasha verstehen spirituelle Personen einen energetischen Wissensspeicher, der sich stetig verändert. Der Autor vergleicht die Akasha mit der gigantischen Festplatte eines Computers, dessen Perfektion den menschlichen Geist weit übersteigt. Um in dieser Licht- beziehungsweise Energie-Bibliothek lesen zu können, versetzen sich die Akasha-Leserinnen in einen Zustand der Trance.
Im Kapitel »die Wahrheit?« beschreibt der Autor die Wahrheit als eine Folge von konzentrischen Kreisen. Diese würden sich immer weiter ausbreiten und dabei auf andere konzentrische Kreise stoßen. Außerdem sei es unmöglich, die Wahrheit zu benennen. Warum? Wir Menschen würden die tatsächlichen Gegebenheiten in jedem Augenblick durch das Wesen unserer Gedanken verändern. Daniel Meurois sieht darin eine Chance: Wir Menschen könnten uns so unserer Filter bewusst werden. Wir könnten erkennen, wie einengende Perspektiven unser Leben erstarren lassen. Weiterhin schreibt Daniel Meurois:
[…] Wir verstehen auch, dass es darum geht, das Vorhandensein solcher Filter zu akzeptieren, dass mit ihnen gleichsam ein bestimmtes Theaterstück aufgeführt wird … dahinter aber eine Erinnerung an das Eigentliche steht, auf das wir uns zubewegen. […]
Meurois, Daniel. Das große Buch der Akasha-Chronik: Der Zugang zum universellen Weltengedächtnis (German Edition). Verlag “Die Silberschnur”. Kindle-Version. Position 1304
Wo soll ich die Grenze ziehen zwischen Vernunft, Aberglauben und Magie, wenn es keine absolute Wahrheit gibt?
Nach Daniel Meurois, gibt es sie nicht, DIE Wahrheit. Ich denke, ist es dabei unerheblich, ob ein Mensch zu seiner »Wahrheit« in tiefer Trance oder im Tagesbewusstsein gelangt. Damit scheint es schwer, die scheinbare Unvereinbarkeit zwischen Vernunft, Religion, Aberglauben und Magie aufzulösen. Dennoch wünscht sich Daniel Meurois eine Haltung des Respekts unter den Menschen:
[…] Das tiefe Verständnis von alledem (Anmerkung B. Nobis: den Filtern) führt zwangsläufig zu einer Haltung echten Respekts gegenüber der Vielfalt der Glaubensbekenntnisse, die sich in unserer Welt entwickelt haben. Ich spreche nicht von Toleranz, denn genau genommen führt dieser Begriff gar nicht zu einer so reinen Haltung, wie gedacht. “Etwas tolerieren” – zum Beispiel, eine Idee oder einen Glauben – heißt, dessen Existenz zu bejahen, während man jedoch weiterhin der Überzeugung ist, selbst im Recht zu sein. Auf subtile Weise sieht man sich in der überlegenen Position. Respekt ist etwas anderes. Er führt zu der Vorstellung, dass die Meinungen der anderen möglicherweise ebenso gültig sind wie unsere. Er fußt auf dem Prinzip, dass gerade durch die Begegnung unterschiedlicher Auffassungen mehr Wahrheit und Seelengröße in die Welt kommen. […]
Meurois, Daniel. Das große Buch der Akasha-Chronik: Position 1320
Wie die Sprache der Liebe mir hilft, zwischen Vernunft und Aberglauben zu unterscheiden
Was für eine Herausforderung, jede Wahrheit zu respektieren – vor allem angesichts eines möglichen Machtanspruchs, der mit der eigenen Wahrheit einhergeht! Was ist meine Wahrheit? Wo ziehe ich die Grenze zwischen Vernunft und Aberglauben? Hier bekam ich in einem Akasha-Reading von einer Übungspartnerin einen sehr nützlichen Hinweis. Sie sagte:
»Achte auf Dein Gefühl, wenn Dich eine Botschaft erreicht. Kannst Du die Liebe dahinter spüren oder flößt sie Dir auf irgendeine Art Unbehagen ein? Sollte letzteres der Fall sein, dann nimm sie nicht ernst, denn die Sprache der Engel ist immer positiv!«